Informationsaustausch - Reiseberichte - Dorothea Oldak in Rio
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bei Olympia in Rio in der ersten Reihe zu sitzen und die Ringer anzufeuern?
Wie ist es eigentlich: "Das ist schon der Hammer"
Dorothea Oldak mit Gerd Reich (Chef des
Ringer-Videoteams), Michael Faller und Uwe Manz
(beide internationale
Kampfrichter) im Olympiapark in Rio de Janeiro (von links) Foto: privat
SEELBACH/RIO DE JANEIRO. Dorothea Oldak aus
Seelbach ist derzeit bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro unterwegs.
Die 50-Jährige vom Vorstand der RG Lahr interessiert sich dort insbesondere für
die Ringerwettkämpfe. Der Badischen Zeitung hat sie via Facebook eine
Sprachnachricht zukommen lassen, wie es ihr in Rio ergeht und wie sie die
Spiele wahrnimmt.
"Olympia in Rio ist tausendmal schöner, als ich mir es
vorgestellt habe. Wir haben die Karten über einen Freund gebucht, der einen
direkten Draht nach Rio hatte. Deshalb haben wir Tickets in guten Kategorien
bekommen.
Wir kamen in Rio an und wurden sofort überschwänglich begrüßt. Die Menschen
hier sind hammernett. Jeder ist zuvorkommend und hilft, wo er kann. Dabei
sprechen eigentlich relativ wenige Leute Englisch. Aber wenn es jemand nicht
beherrscht, wird einfach so lange gesucht, bis jemand gefunden ist, der
übersetzen kann. Deutsch kann kaum jemand. Aber das legendäre ,Siebenzueins’
von der Fußballweltmeisterschaft 2014 kriegt jeder hin und will ein Foto mit
uns machen. Wir sind gut als Deutsche erkennbar, weil wir Deutschland-Hemden
tragen.
Am ersten Tag haben wir die Ringerhalle besucht. Mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln brauchen wir für die acht Kilometer durch die
Stadt rund eine halbe Stunde. Die Wege sind tatsächlich unfassbar lang. Sobald
man im ÖPNV unterwegs ist, hat man schnell viele freiwillige Helfer um sich,
die alle sehr bemüht sind. Aber es sind vor allem die Brasilianer, die uns
positiv auffallen. Nach den vielen Negativschlagzeilen im Vorfeld haben wir uns
schon ein bisschen Sorgen gemacht. Aber es ist alles sehr friedlich. Wir haben
auch noch keine einzige Mücke gesehen. Hier ist noch niemandem von uns etwas
Unangenehmes passiert, etwa mit Blick auf die Kriminalität.
Dann kommt man in den Olympiapark und sieht Zehntausende Menschen aller
Nationalitäten. Das ist es, was uns hier alle am meisten bewegt: So viele
verschiedene Menschen, Nationalitäten, Religionen und alle feiern friedlich und
gemeinsam. Wir saßen zwischen Türken, Iranern, Australiern. Und alle haben
einfach nur viel Spaß miteinander und feuern ihre Sportler an. Es könnte so
friedlich auf der Welt sein, wenn die Leute so miteinander umgehen würden wie
hier bei den Olympischen Spielen.
Beim Ringen gibt es von morgens an bis halb eins Wettkämpfe. Ab vier Uhr geht
es dann weiter mit den Finalrunden. Dazwischen ist einfach nur Riesenparty mit
Musik überall.
Draußen stehen unzählige
Imbissbuden und Getränkestände. Dabei sind die großen Olympia-Sponsoren
Monopolisten: Es gibt nur Coca-Cola und Wasser. Bezahlt wird vorzugsweise mit
Visa. Das ist für die Leute ein Problem, die viel Bargeld dabei haben. Die
Wettkampfhallen sind relativ groß und gut besucht. So kommt es, dass wir auf
die Kameras gar nicht geachtet haben. Als wir dann mal abends nach Hause kamen,
mussten wir sehr schmunzeln, weil wir Hunderte Nachrichten hatten, dass man uns
in Deutschland im Livestream im Publikum gesehen hat. Unser Apartment liegt
direkt am Meer, wir wachen deshalb nachts manchmal vom lauten Meeresrauschen
auf. Aber was gibt’s Schöneres als Meeresrauschen?
Was uns sehr traurig macht, ist der Tod des deutschen Kanuten-Trainers Stefan
Henze. Wir haben ihn zwar nicht persönlich gekannt. Aber die Vorstellung, dass
man mit einem Mann weniger nach Hause kommt, ist furchtbar.
Jetzt werden wir auch noch ein bisschen Rio erkunden und die verschiedenen
Facetten dieser Stadt erleben. Auf dem Zettel steht alles, was der Rio-Tourist
so braucht: Copacabana, Zuckerhut …
Wir haben unseren sieben Ringern hier die Daumen gedrückt. Besonders bewegend
war immer die Siegerehrung. Als der deutsche Ringer Denis Kudla die
Bronzemedaille geholt hat, haben wir wohl alle geheult, weil wir uns alle so
sehr gefreut haben für ihn. Und auch alle anderen freuen sich mit. Wenn dir
Leute zu einer Bronzemedaille gratulieren, die eigentlich eine ganz andere
Nationalität haben, dann ist das schon der Hammer.
Ich weiß noch nicht, wie ich diese ganzen Eindrücke hier verarbeiten soll. Es
wird auf jeden Fall ein dickes Fotobuch werden am Ende der Reise. Ich wünsche
uns noch ein paar Medaillen, und dass es weiterhin so gut läuft, wie bisher.
Fest steht schon heute: Es ist die bisher unglaublichste und spannendste Reise
unseres Lebens."
Zur Person: Dorothea Oldak (50) ist Mutter
eines Sohnes, lebt und arbeitet in Seelbach. Sie ist Management-Assistentin bei
der Firma Julabo
07 / 2017
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